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Dienstag, 24. September 2013

Stollenlikör selbst ansetzen

Heute ist der 24.09.2013. In drei Monaten sitzen die meisten Menschen unserer Glaubensrichtung unter einem (in der Natur) immergrünen Baum, dem Tannenbaum. Obwohl es sich neben der Tanne auch um eine Fichte oder Kiefer handeln könnte. Doch um die Bäume für das Fest und den passenden Baumschmuck geht es mir in diesem Beitrag von heute (fast) gar nicht. Was könnt ihr mit den in der Folge aufgeführten Ingredienzen anfangen:

* Zitronat
* Orangeat
* bittere Mandeln
* süße Mandeln
* Korinthen
* Rosinen
* Sultaninen
* Rum
* Vanille
* Zimt
* Honig
?

Ja genau, das sind die wesentlichen Inhalts- und zugleich Geschmacksstoffe, die einem Weihnachtsstollen zu seinem typischen Geschmack verhelfen. Doch heute soll noch kein Stollen gebacken werden. Aber wer das heuer vorhat, der kann jetzt schon das notwendige Mehl einkaufen und daheim ablagern. Im Rezept meiner Oma, dr Melzer Hilde aus dr Ritterschgrü, steht, dass sie schon 1/2 Jahr vor dem Backtermin  das notwendige Mehl einkaufte. Bei ihr gelangte nur abgelagertes und niemals frisches Mehl in das spätere Backwerk, das mit fortschreitender Zeit immer mehr die Qualität von Marzipan annahm.

Zurück zu meinem Vorhaben von heute. Am ersten Tag geben wir Rosinen, Korinthen und Sultaninen untereinander gemischt in ein Steinzeuggefäß und bedecken sie mit einem schmackhaften Rum. Das Trockenobstgemisch darf für einige Tage im Alkohol baden, diesen in sich aufsaugen und dabei die Gemschacksstoffe aus dem Rum übernehmen. Wahlweise besteht ebenso die Möglichkeit den Rum durch Wasser zu ersetzen und den Geschmack durch Rumaroma anschließend hinzu zu fügen. Aber das möchte ich nicht empfehlen und bei meiner beschriebenen und eigenen Variante bleiben.

Am dritten Tag brühen wir die Mandeln einige Minuten im kochenden Wasser ab, schöpfen mit einem Sieb die heißen Mandel heraus  und befreien abschließend die Mandeln durch Schnippen zwischen Daumen und Zeigefinger von ihrer braunen Haut. Es bleiben nur die weißen oder elfenbeinfarbenen Mandeln übrig. Man könnte sich im Supermarkt auch mit Mandelsplittern eindecken, aber dabei brächte man sich um interessante Erlebnisse. Diese so gewonnenen (oder eingekauften) Mandeln zerkleinern wir mit unserem Mixer zu sehr kleinen Stücken.

Zitronat und Orangeat findet man in den Backzutatenregalen der Märkte schon ausreichend klein gewürfelt. Wem das noch zu groß erscheint, sollte die eingekauften Stücken mit dem großen Küchenmesser oder einem Wiegemesser noch weiter zerkleinern. Je kleiner die Stücken geschnitten sind, desto mehr Oberfläche entsteht für die Abgabe des Aromas.

Da mein Ziel letztendlich darinnen besteht, eine Art flüssige Variante des legendären erzgebirgischen Christstollens zu schaffen, geben wir am vierten Tag alle Ingredienzen in ein ausreichend großes Gefäß. "Ausreichend groß", ja das hängt von der gewünschten Menge des anzusetzenden Stollenlikörs ab. Als Gefäß eignet sich beispielsweise ein Rumtopf, ein Gärballon, eine großes und verschließbares Glasbehältnis oder einer der vielen Steinguttöpfe aus unserem Haushalt. Nun geben wir unsere in den Tagen zuvor gewonnenen Mandelhäcksel, das Zitronat, das Orangeat und die Rosinen (mit dem bereits verwendeten Rum) in ein geeignetes Gefäß hinein und übergießen alles mit klaren Schnaps über. Es sollte auf jeden Fall ein Kornbrand mit 32 Prozent (oder höher) sein. Verwendet nie einen Kartoffelbrand, also nie Wodka für den Ansatz einsetzen. Um dem Ziel eines himmlisch schmeckenden Stollenlikörs näher zu kommen, runden wir den Geschmack noch etwas ab. Dabei bildet der eigene Geschmack die Grundlage. Bei uns gelangt deshalb noch Zimt in Stangenform hinein, eine Briese Salz und im ausreichenden Umfang Honig. Es stellte sich als sehr nützlich heraus, den Honig zuvor im Korn sirupartig aufzulösen und anschließend in das Ansatzgefäß einzufüllen. Der Likör lebt vor allem von dieser Süße. Wahlweise besteht auch die Möglichkeit, den Honig durch Kandiszucker (möglichst braunem) oder braunem Rohrzucker zu ersetzen. Wir verwenden niemals Industriezucker! Da sich die Stollenrezepte regional sehr stark unterscheiden, können für den Geschmack auch noch andere Dinge zugefügt werden. Dabei denke ich an den Abrieb von Zitronen, an die Zugabe von selbst gewonnenem Mark aus der Vanilleschote, an all die Geschmackstoffe, die ihr selbst für Stollen und Lebkucken verwendet.

Jetzt beginnt die schöpferische Ruhephase des späteren Likörs. Die Einen stellen ihre verschlossenen Gläser und Glasgärballone ins Sonnenlicht auf die Fensterbank, die Anderen geben ihrem Ansatz in den Steinguttöpfen an nicht zu kalten Standorten die Möglichkeit, nach und nach die Aromen an den Alkohol abzugeben. Aus diesem Grund sollte der Ansatz auch immer wieder bewegt oder durchgerührt werden. Das geschieht täglich oder wöchentlich und in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Zeit. Die geschmackliche Qualität leidet nur dann, wenn ich das Umrühren vergesse oder zu wenig ausführe. Kleine Geschmacksproben durch das mhm Ablecken des "Umrührgerätes" zeigen mir das Fortschreiten der Aromaentwicklung. Sollte es notwendig sein, dann gebe ich noch etwas Honig oder Kandiszucker hinzu oder ich entferne die Zimtstangen, wenn deren Aroma zu vordergründig schmecken sollten.

An den kalten Abenden vor dem Fest, oder beim Abfüllen des Stollenlikörs in dekorative Flaschen, beim Malen der Flaschenediketten oder beim Verpacken der Geschenke für das Fest können die ersten Gläschen mit diesem fast bernsteinfarbenen Likör probiert werden. Mit einem solchen selbst zubereiteten Likör fühlt sich ein jeder Beschenkter sehr geehrt. Wir haben das bereits mit Heidelbeerlikör und Heidelbeermarmelade praktiziert. Solche selbst hergestellten Geschenke sind stets eine herzliche und willkommene Überraschung. In diesem Jahr verwöhnte uns die Natur leider nicht all zu sehr mit Heidelbeeren, Kroatzbeeren und sauren Kirschen. Aus diesem Grunde erhält der Stollenlikör in diesem Jahr den Vorrang.

Den fertigen Likör genehmigt man sich in kleinen Gläschen pur oder gemischt mit einem Prosecco. Dann entsteht aus dem Stollenlikör ein pfiffiger Aperitif, der sehr gut zum festlichen Anlass in drei Monaten passt.

Ich wünsche uns und vor allem euch, ein GUTES GELINGEN.


8 Kommentare:

ELFI hat gesagt…

gutes rezept für gute köchinnen.. bin keine! aber so weiss ich wenigstens was der stollen im bauch hat! :))danke!

Dies und Das vom Neckarstrand hat gesagt…

Lieber Egbert,
ich habe alles fotokopiert. Allerdings muss ich es mir noch überlegen, ob ich das Experiment wage-
Auf jeden Fall danke für die ausführliche Beschreibung.
Einen schönen Abend wünscht dir
Irmi

Anonym hat gesagt…

ah was für ein tolles intressantes Rezept, was alles gibt erstaunt mich immer wieder!
Dankeschön für diese ausführliche Beschreibung.. ich habe probiert auch was zu erhaschen von deinem Umrührlöffel aber du warts eindeutig schneller, schade *zwinker Lach*

Schönen Mittwoch!
Lieben Gruss Elke

Cux-Nachtfalke hat gesagt…

Hallo Egbert,

es ist das Erste Mal das ich von Stollenlikör höre/lese. Das Rezept hört sich interressant an, macht mich neugierig und vielleicht werde ich mal das Wagnis eingehen und es ausprobieren.
Du hast es sehr gut und ausführlich beschrieben. Vielen Dank dafür.

Viele Grüße
Nachtfalke

malesawi hat gesagt…

Das klingt lecker aber ist auch sehr aufwendig. Dafür fehlt mir die Ruhe. Euch viel Spaß beim Herstellen, beim Kosten und beim Verschenken.
Liebe Grüße

Lebenszeit hat gesagt…

Das liest sich sehr lecker ! Werde ich mir mal auf jeden Fall kopieren. Aber diese Köstlichkeit würde ich nicht mit Prosecco mischen. Viieeel zu schade um den tollen Stollengeschmack. Lieber langsam und genüsslich trinken. Auf jeden Fall können sich die Beschenkten freuen. Selbstgemachtes ist immer sehr beliebt. Danke, lieber Egbert für dieses köstliche Rezept.
Liebe Grüße
Rita

meinwald hat gesagt…

Ja ich finde es auch toll, was du dir alles so einfallen lässt. Aber ich trinke auf jeden Fall lieber den Prosecco pur, ich mag Liköre überhaupt nicht.
Ich wünsche dir/Euch aber gutes gelingen!

Gerlinde hat gesagt…

Likör-Fan bin ich auch nicht grade, aber die Idee, alle Trockenfrüchte anzusetzen ist toll. Bisher habe ich nur Rosinen zum Backen angesetzt, aber alles zu "aromatisieren" eröffnet völlig neue Perspektiven für adventliche Bäckereien.
Danke für die Inspiration!